Anträge auf Restitution in der Tschechischen Republik eingereicht (Pressemitteilung)
Der Orden fordert die Herausgabe von Grundstücken und Immobilien, die sich in der Vergangenheit im Besitz des Ordens befanden. Die Grundstücke weisen ein Gesamtausmaß von ca. 13.500 ha auf. Die Forderungen betreffen insbesondere folgende Immobilien: das Hochmeisterhaus in Opava, das ehemalige Armenhaus in Bruntál, ein Teil des Konvents in Opava, Kirche und Kurort Karlova Studánka und das Schloss Bruntál, sowie die Burgen Bouzov und Sovinec. Wenn das Vermögen herausgegeben wird, wird es zur Weiterentwicklung der Tätigkeit des Ordens auf dem Gebiet der Tschechischen Republik dienen, und zwar insbesondere im Bereich Ausbildung, Wohltätigkeit und Sozialwesen ebenso wie im Bereich der Seelsorge, wo der Orden auf dem Gebiet der Tschechischen Republik bereits jetzt wieder tätig ist. Der Orden verwaltet derzeit das Kirchliche Gymnasium des Deutschen Ordens in Olomouc (http://www.cgnr.cz/), ein Freizeitzentrum in Olomouc, das Kirchliche Konservatorium in Opava (http://www.konzervator.cz/) und den Pflegedienst des Deutschen Ordens in Bruntál.
Der Orden wurde im Jahre 1190 in Akkon, einer Küstenstadt im heutigen Israel, als Spitalbruderschaft gegründet. Seit dem Jahre 1204 entfaltete er auf Einladung und Wunsch des böhmischen Königs Přemysl Ottokar I. seine Tätigkeit auch in mehreren Städten und Ortschaften auf dem jetzigen Gebiet der Tschechischen Republik. Im Zeitraum zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg hat der Orden eine umfangreiche pädagogische und karitative Tätigkeit entfaltet; so führten die Brüder und Schwestern des Ordens beispielsweise zehn Schulen, drei Kindergärten, zwei Altenheime, fünf Krankenhäuser sowie fünfzehn Pfarreien. Vielfach erfolgten Behandlungen und Kuren kostenlos. Dies war nur möglich dank der Erträge aus dem Ordensvermögen.
Seit dem Aufkommen des Faschismus in Deutschland traten der Orden und seine Vertreter gegen die deutsche expansive Politik auf und entwickelten Aktivitäten, die auf die Erhaltung der Integrität und Souveränität der Tschechoslowakischen Republik ausgerichtet waren. Präsident Edvard Beneš ebenso wie bereits vorher Präsident Masaryk besuchten die Repräsentanten des Ordens auf der Ordensburg Bouzov. Für die Fertigstellung der Grenzbefestigungen gewährte der Orden der Tschechoslowakischen Republik ein hohes, nicht zurückzuzahlendes Darlehen. Für den Aufbau der Feuerschutzschneisen stellte der Orden die Ordenswälder kostenlos zur Verfügung. Der Orden überließ die Hegerhäuser und das Schloss in Hrabyně der Tschechoslowakischen Armee zur kostenlosen Nutzung. Die Vertreter des Ordens führten mit dem Direktor des Amtes des Staatspräsidenten Korrespondenz, in der sie sämtliche Maßnahmen anboten, die zur Stärkung der Abwehrfähigkeit der Tschechoslowakischen Republik beitragen könnten.
Eine direkte Folge der Loyalität des Ordens gegenüber der Tschechoslowakischen Republik war seine Auflösung und die Beschlagnahme seines Vermögens, nämlich am 27.02.1939 durch das Dekret des Reichskommissars für die sudetendeutschen Gebiete, auf Grund dessen der Orden aufgelöst und sein Vermögen konfisziert wurde. Der Hochmeister, der in den zwanziger Jahren Abgeordneter zum Prager Parlament und als solcher Initiator wichtiger Sozialgesetze war, musste seinen Amtssitz verlassen, wurde mehrfach von der Gestapo verhört und zeitweise in einem abgelegenen Forsthaus (Wiedergrün/Podlesi) unter Hausarrest gestellt. Die im Lehrberuf tätigen Brüder und Schwestern der Ordensgemeinschaft wurden aus dem Schuldienst entfernt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem mehrere Ordensmitglieder wegen ihrer Widerstandstätigkeit verfolgt wurden und eine Schwester ebenso wie ein Generalrat im Konzentrationslager Dachau umkamen, erließ der Minister für Landwirtschaft Ďuriš als Mitglied der Kommunistischen Partei eine Erklärung, dass der Orden im Sinne der jeweiligen Beschlagnahmedekrete des Staatspräsidenten als Verräter anzusehen sei. Die entsprechenden Entscheidungen über die Übernahme des Ordensvermögens auf Grund der Beschlagnahmeverordnungen, die nicht im Einklang mit der Rechtsordnung der Tschechischen Republik erlassen worden waren, wurden vom Obersten Verwaltungsgericht aufgehoben. Im Hinblick auf die Änderung der politischen Verhältnisse wurde jedoch die entsprechende Entscheidung dem Orden nicht zugestellt und auch nicht umgesetzt. Dadurch wurden grundlegende Prinzipien der demokratischen Rechtsordnung massiv verletzt und dem Orden das Recht auf Gerichtsschutz sowie das Recht auf den Schutz seines Eigentums verweigert.
Ein anderer Teil des Vermögens wurde dem Orden auf Grund der Gesetze über die neue Bodenreform und die Revision der ersten Bodenreform entzogen; wieder anderes Vermögen auf Grund des Gesetzes über die Verstaatlichung von medizinischen und pflegerischen Einrichtungen und die Gestaltung der staatlichen medizinischen Pflege. Solche Enteignungen sieht das Gesetz über den Vermögensausgleich mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften als Tatbestand einer durch das Gesetz zu behebenden Vermögensungerechtigkeit vor. Ein beachtlicher Teil des Ordensvermögens wurde ohne jeden Rechtstitel entzogen, in vielen Fällen kam es sogar zu rechtswidrigen Eintragungen in die Grundbücher. Auch diese angeführten Tatsachen stellen eine Form der Vermögensungerechtigkeiten dar, wie sie durch das Gesetz über den Vermögensausgleich mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften spezifiziert sind.
In den kommenden Tagen werden auch die Anträge zur Herausgabe des beweglichen Vermögens eingereicht werden.
Der Orden vertraut darauf, dass die zuständigen Organe in Anwendung des genannten Gesetzes entsprechend den Grundsätzen eines Rechtsstaates vorgehen, die Rechtsgrundlagen der geltend gemachten Ansprüche prüfen und schlussendlich zur Behebung der von totalitären Regimen zugefügten Ungerechtigkeiten beitragen werden.
P. Metodĕj Hofman OT
Vikar des Hochmeisters