Gedenkfeier zum 600. Jahrestag der Schlacht von Tannenberg
Nach dieser Stärkung im Belweder, der Residenz des polnischen Präsidenten, flog die Delegation mit dem Hubschrauber zum ehemaligen Schlachtfeld bei Tannenberg, wo um 14.00 Uhr der offizielle Teil der Feierlichkeiten mit dem Abspielen der polnischen und der litauischen Hymnen und den Ansprachen des Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Hochmeisters Bruno Platter, der litauischen Präsidentin und des designierten Präsidenten Bronisław Komorowski begann. Nach dem Vorbeimarsch der Ehrenformationen aus Polen und Litauen wurde in einem kurzen Schaukampf die Schlacht mit dem Tod des Hochmeisters Ulrich von Jungingen szenisch dargestellt. Darauf erfolgte am Denkmal die Kranzniederlegung durch die anwesenden Staatsoberhäupter und den Hochmeister. Begleitet wurde dies vom Gesang der polnischen Armee: Gesungen wurde der Bogurodzica-Hymnus. Das ist die erste Hymne Polens und zugleich ein eindrucksvolles, tief religiöses Marienlied. Nach dem Ende des offiziellen Teils flog die Delegation nach Marienburg, wo der polnische Präsident nach einer knappen Führung durch das Schloß für die Ehrengäste ein festliches Essen gab, das von Tischreden und mittelalterliche Musik begleitet war. Im Anschluss folgte vor dem Schloß die speziell für diesen Anlass komponierte und inszenierte Darbietung „Banderia 2010“, bei der den Delegationen und den Einwohnern von Marienburg die Schlachtteilnehmer von anno dazumal musikalisch vorgeführt wurden.
Anzumerken ist, dass das Gedenken an die Schlacht auch ganz anders hätte verlaufen können: Ein trauriges Beispiel dafür waren die Veranstaltungen vor 100, aber nicht anderes auch vor 50 Jahren. Auch in heutiger Zeit hätte dieses Ereignis für verschiedene Zwecke missbraucht werden können. Die diesjährige Gedenkveranstaltung hatte jedoch dank der Initiative der polnischen Präsidentschaft einen völkerverbindenden und ausgesprochen europafreundlichen Charakter: Zur gemeinsamen Feier eingeladen waren nämlich die Staatsoberhäupter der Nationen, die an der Schlacht bei Tannenberg teilgenommen hatten und es wurde durchgehend hervorgehoben, dass Konflikte in friedlicher Weise und im Dialog auszuräumen seien, ja dass das vereinte Europa frühere Gegensätze zum Verschwinden bringe.
Der Hochmeister führte in seiner Ansprache aus, dass er froh sei, „zunehmend feststellen zu können, dass der alte auf deutscher wie auf polnischer Seite konträr kultivierte und auf Missgunst aufgebaute Tannenberg-Mythos des 19. und 20. Jahrhunderts inzwischen weitestgehend verblasst, ja größtenteils verschwunden ist und der politische Missbrauch unseres Ordens auf deutscher wie auf polnischer Seite der Vergangenheit angehört. Mit dem Abklingen der Ideologien und der wachsenden Skepsis diesen gegenüber hat sich der Blick geweitet, so dass nun immer mehr auch die zivilisatorischen und kulturellen Leistungen des Ordens gesehen und gewürdigt werden können, ohne dabei historisches Fehlverhalten auszuklammern.“ Weiters führte der Hochmeister aus, dass in diesem Sinne Tannenberg nunmehr stehen kann „für eine positive Aufarbeitung einer gemeinsamen Vergangenheit, für die Überwindung von Gegensätzen, für den Willen zu Versöhnung, Frieden und Völkerverständigung.“ Sowohl die Gedenkfeier in Tannenberg wie die Darbietung in Marienburg wurden live im nationalen Fernsehen übertragenZwei Tage darauf, am Samstag, dem 17. Juli, inszenierten auf den Feldern bei Tannenberg verschiedene Gruppen aus ganz Europa, sogar aus Südtirol, einen Schaukampf der Schlacht. Obwohl der Deutsche Orden am 17. Juli wiederum bei Tannenberg unterlag und Hochmeister Ulrich von Jungingen erneut in der Schlacht fiel, so begegnete dem Deutschen Orden mit Sicherheit nicht mehr Hass und Feindschaft, sondern Freundschaft und Begeisterung. Als bestes Beispiel möge dafür die hohe Akzeptanz dienen, über die sich Hochmeister Bruno Platter am 15. Juli bei Tannenberg und in Marienburg erfreuen durfte, da er unter großem Applaus von den Bewohnern, Touristen und angereisten Gästen empfangen wurde. Auch von den Medien, nicht zuletzt vom Fernsehen, wurde durchwegs positiv berichtet und der Hochmeister hatte schon im Vorfeld dazu zahlreiche Interview-Wünsche zu erfüllen.In einem gewissen Sinn sind die Sieger der Schlacht bei Tannenberg AD 2010 alle diejenigen, die an ihr teilgenommen haben. Alle diejenigen, die im Geiste des gemeinsamen Respekts und Verständnisses zur Jahrhundertfeier gekommen sind, um durch den offiziellen Teil der Gedenkveranstaltung am 15. Juli und das Ritterspektakel am 17. Juli, die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen den Völkern, die grundgelegt ist in den gemeinsamen Wurzeln der Völker Europas, zu festigen und weiter zu vertiefen.