Zu Besuch in Freudenthal
Im 20. Jahrhundert erlebte Freudenthal das Schicksal der Gebiete mit deutscher Bevölkerung, die nach dem 1. Weltkrieg in das Gebiet der Tschechoslowakei gerieten. Auch in der Zeit der scharfen nationalistischen Kämpfe versuchten die Deutschordenspriester eine gemäßigte Politik zu betreiben - Symbol für einen aktiven Zugang bleibt der Freudenthaler Priester und spätere Hochmeister Robert Schälzky. Das Wirken der Ordensbrüder war - pastoral beachtet - unglaublich modern. Sie arbeiteten in verschiedenen Verbänden, in den regionalen Zeitungen, ihre Jugendpastoral war - ohne zu übertreiben - der Zeit deutlich voraus. Im Herbst 1938 wurde Freudenthal von den Nazis besetzt, das Eigentum des Ordens enteignet, Hochmeister Schälzky wurde interniert. Der Freudenthaler Religionsprofessor und Seelsorger, Generalrat P. Heribert Kluger hat mutig gegen den Nationalsozialismus gepredigt: „Wir haben einen einzigen Führer - und das ist Christus", sagte er von Ambo in der Kirche. Logischerweise wurde er verhaftet und später ins KZ nach Dachau transportiert, wo er als Märtyrer im Frühjahr 1945 dann auch starb. Er war für die nächsten 60 Jahre einer der letzten Deutschordenspriester in Freudenthal. Die deutsche Bevölkerung, die im Jahre 1930 mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ausmachte, wurde nach dem Kriegsende aus Freudenthal vertrieben.
Der Deutsche Orden verwaltet die Pfarrei wieder seit dem Jahr 2003. Seitdem wirken dort zwei Deutschordenspriester - P. Stefan Bednar und P. Dariusz Cecerski. „Die Anfänge waren nicht einfach", erzählt P. Stefan. „Auf das Pfarrhaus hat sogar jemand geschrieben - Nazis raus! Wir haben gewusst, dass der Orden, der nie mit den Nazis zu tun hatte, mit vielen Vorurteilen verbunden wurde." Sogar auch die Gläubigen waren am Anfang eher reserviert. Doch ist es aber gelungen, das Vertrauen zu gewinnen und die Vorurteile abzubauen. „Sie verstehen jetzt, dass wir keine Gesandte von fremden oder feindlichen Mächten und Interessen sind, sondern dass wir hier sind, um zu helfen und zu heilen", schließt P. Stefan. Pastoralassistent Karel Peschke betont, dass neben dem pastoralen auch das karitative Wirken der Brüder, Schwestern und Familiaren dem Orden Zustimmung und Unterstützung bringt, auch von seiten der nicht katholischen Bevölkerung. „Sie sehen, dass die Rückkehr des Ordens in seine traditionellen Gebiete viel Gutes auch im Sozial- oder Schulwesen bringt."
Die zwei Ordenspriester in Freudenthal wirken in dortigen Pfarrei (ungefähr 220 Gottesdienstbesucher - leicht über dem Durchschnitt in Tschechien) und daneben noch in fünf anderen benachbarten Pfarreien. Sie verwalten auch zwei Filialkirchen und eine Wallfahrtskirche - die weitum bekannte Maria-Hilf-Kirche am Köhlerberg. Diese wurde nach der Wende komplett restauriert und steht heute als eine schöne Dominante über der Stadt. Regelmäßig feiern die Ordensbrüder auch Gottesdienste in Karlsbrunn - einem wunderschönen, von dem Deutschen Orden gegründeten Kurort im Altvatergebirge. Die Pastoral bleibt aber eine große Herausforderung, weil die früheren deutschen Gebiete in Tschechien unter vielen sozialen und sozioökonomischen Problemen leiden. Auf der anderen Seite ist Freudenthal aber beispielsweise die Stadt mit dem jüngsten Altersdurchschnitt in Tschechien. Wohl eine der herausfordernden Aufgaben für die vielen jungen Brüder der tschechischen Provinz, die sich jetzt auf das Priestertum vorbereiten.